Sonntag, Dezember 09, 2007

Die Andern; Das sind wir

"Ich bin der Andere" [...]

"Der von gestern. Der von früher. Der Andere von immer. Der Jasager. Der Antworter." [...]

"Der auch. Und auch der von heute Abend. Ich bin auch der Andere von morgen." [...]

"Du wirst mich nicht los. Ich bin der Andere, der immer das ist: Morgen. An den Nachmittagen. Im Bett. Nachts." [...]

"Du wirst mich nicht los. Ich habe tausend Gesichter. Ich bin die Stimme, die jeder kennt. Ich bin der Andere, der immer da ist. Der andere Mensch, der Antworter. Der lacht, wenn du weinst. Der antreibt, wenn du müde wirst, der Antreiber, der Heimliche, Unbequeme bin ich. Ich bin der Optimist, der an den Bösen das Gute sieht und die Lampen in der finsteren Finsternis. Ich bin der, der weitermarschiert, acuh wenn gehumpelt wird. Und der Ja sagt, wenn du Nein sagst, der Jasager bin ich. Und der-" [...]

"Weg sind sie. So sind sie, die Zweibeiner. Ganz sonderbare Leute sind das hier auf der Welt. Erst lassen sie sich ins Wasser fallen und sind ganz wild auf das Sterben versessen. Aber dann kommt zufällig so ein anderer Zweibeiner im Dunkeln vorbei, so einer mit Rock, mit einem Busen und langen Locken. Und dann ist das Leben plötzlich wieder ganz herrlich und süss. Dann will kein Mensch mehr sterben. Dann wollen sie nie tot sein. Wegen so ein par Locken, wegen so einer weissen Haut und ein bischen Frauengeruch. Dann stehen sie wieder vom Sterbebett auf und sind gesund wie zehntausent Hirsche im Februar. Dann werden selbst halbe Wasserleichen noch wieder lebendig, die es eigentlich doch überhaupt nicht mehr aushalten konnten auf dieser verdammten öden elenden Erdkugel. Die Wasserleichen werden wieder mobil - alles wegen so ein paar Augen, wegen so ein einem bisschen weichen warmen Mitleid und so kleinen Händen und wegen einem schlanken Hals. Sogar die Wasserleichen, diese zweibeinigen, diese ganz sonderbaren Leute hier auf der Welt - " [...]

Der Andere aus Wolfgang Borchert, Draussen vor der Tür.

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